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100 JahreStudentenwerkLeipzigEine Zeitreise1921 – 2021
100 JahreStudentenwerk LeipzigEine Zeitreise1921 – 2021
InhaltsverzeichnisVorwortLiebe Leser:innen,DAMALS & HEUTEam 7. September 1921 gründeten engagierte LeipzigerStudierende den Wirtschaftsselbsthilfeverein LeipzigerStudenten e.V., der den Studierenden wichtige sozialeDie Leistungen des Studentenwerkes Leipzig –in den Anfangsjahren und heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4Das Studentenwerk Leipzig heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24Unterstützungsleistungen bot. Sie hatten das gemeinsame Ziel, in den schwierigen Jahren nach dem erstenWeltkrieg andere Studierende mit dem Nötigsten zuunterstützen. Etwas später wurde auch der Name Studentenwerk zum ersten Mal genutzt, sodass wir nun imJahr 2021 auf eine 100-jährige Geschichte zurückblicken.CHRONIK DES STUDENTENWERKES LEIPZIGVon den Anfängen in den 20er Jahrenbis zum Ende des 2. Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Die DDR-Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32Gleichzeitig begeht das Studentenwerk Leipzig 2021 auchWir sind stolz darauf, dass wir die Studierenden amdas 30-jährige Jubiläum seiner Wiedergründung. NachdemStudienstandort Leipzig dank unserer engagierten Mit-die Studentenwerke in den Nachkriegsjahren als eigen-arbeiter:innenschaft, der Unterstützung des Freistaatesständige Institutionen aufgelöst wurden und die sozialeSachsen, der Leipziger Studierendenschaft und Hoch-Versorgung von Studierenden in der DDR bei den ein-schulen sowie zahlreicher starker Partner mit unserenzelnen Hochschulen angesiedelt war, wurde am 1.7.1991sozialen Angeboten unterstützen können!das Studentenwerk Leipzig mit seinem hochschulüber-Mit diesem Heft laden wir Sie ein auf eine Zeitreise durchgreifenden sozialen Versorgungsauftrag für die Studie-100 Jahre Studentenwerk Leipzig!renden am Studienstandort Leipzig wiedergegründet.Von der Wendezeit bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35Heute stellt das Studentenwerk Leipzig als gemeinnützige Anstalt öffentlichen Rechts mit rund 300 Beschäftigten die soziale Infrastruktur für die rund 39.000 Studie-Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44renden an acht Leipziger Hochschulen bereit. Mit einemvielfältigen Angebot der sozialen, wirtschaftlichen, gesundheitlichen und kulturellen Betreuung und Förderungwird der Versorgungsauftrag gemäß Sächsischem Hoch-Dr. Andrea DiekhofGeschäftsführerin des Studentenwerkes Leipzigschulfreiheitsgesetz erfüllt – damit ein erfolgreiches Studium unabhängig von sozialer Herkunft und Einkommengelingt und Chancengerechtigkeit gewährleistet wird.5
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEGoethestraße in Leipzig: Wo früher das Hotel »Schwarzes Brett« s tand,befindet sich heute das Verwaltungsgebäude des Studentenwerkes Leipzig.Die Leistungen desStudenten werkes Leipzig –in den Anfangs jahrenund heuteDas Studentenwerk Leipzig gestern und heute – das 100-jährige Jubiläum bietet die Gelegenheit, eine vergleichende Betrachtung anzustellen. Die Gründung des Vereins »Wirtschaftsselbsthilfe der LeipzigerStudenten e.V.« 1921 in Leipzig hatte ein zentrales Ziel: die Lebensbedingungen der Studierenden nach dem 1. Weltkrieg zu verbessern. DerWirtschaftsselbsthilfeverein gilt als die Vorgängerinstitution des heutigen Studentenwerkes Leipzig, ab 1929 nannte er sich auch so. In derGründungszeit war die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum undEssen essenziell. Diese beiden Arbeitsbereiche haben nichts von ihrerBedeutung für ein erfolgreiches Studium eingebüßt. Andere Angebote aus der Gründungszeit sind längst vergessen. Doch auch in der Veränderung zeigt sich eine Konstante: Damit Studieren gelingt, brauchtes auch heute die ständige Anpassung an die Bedürfnisse der Studierenden. Und damals wie heute sind studentische Mitbestimmung unddas Solidarprinzip Grundsätze, die die Arbeit des StudentenwerkesLeipzig prägten und prägen.7
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEUrsprung: Studentische Selbsthilfesind. Das Studentenwerk Leipzig arbeitet im Wesentlichen nach dem Solidarprinzip: Alle beitragspflichtigenIn den Jahren nach dem Ende des ersten WeltkriegsStudierenden in seinem Zuständigkeitsbereich zahlenherrschte unter Studierenden Mangel an Essen undihren (Semester-)Beitrag zur Finanzierung der sozialenWohnraum. Auch die Finanzierung des Studiums stell-Infrastruktur am Studienstandort Leipzig und erhalten sotember 1921 erfolgte durch sieben Studierende; der erstete eine große Herausforderung dar. Nach ersten selbst-die grundsätzliche Möglichkeit, alle Leistungen des Stu-Vorsitzende des Vereins war ein Student. Auch die ver-Die Gründung des Wirtschaftsselbsthilfevereins im Sep-organisierten Fürsorgeangeboten wurde in Leipzig amdentenwerkes in Anspruch zu nehmen. Die Solidaritätschiedenen Abteilungen des Wirtschaftsselbsthilfevereins7. September 1921 durch Studierende im Beisein vonder gesamten Studierendenschaft mit unterstützungs-wurden anfangs hauptsächlich von Studierenden geleitet. Dozenten der Verein »Wirtschaftsselbsthilfe der Leip-bedürftigen Mitgliedern der Solidargemeinschaft stehtziger Studenten e.V.« gegründet. Ziel war es dabei, alledabei im Vordergrund – nicht die Leistungsgerechtig-Auch heute prägt die paritätische Besetzung von Orga-keit im Einzelfall.nen und Ausschüssen die Arbeit des Studentenwerkes7. September1921vorhandenen Unterstützungsleistungen zu bündeln und diese un-Leipzig. Studierende haben wesentliche Mitwirkungs-ter Betonung der Selbsthilfe aus-und Mitbestimmungsmöglichkeiten und setzen sich fürzubauen.die Interessen ihrer Mitstudierenden ein: Im Verwaltungsrat sind aktuell fünf der insgesamt zehn stimmberech-Zwar ist das heutige Studentenwerk Leipzig nicht mehrtigen Mitglieder Studierende. Auch den Verwaltungs-studentisch geführt, sondern eine Anstalt öffentlichenratsvorsitz hat derzeit ein Studierender inne. In den vomRechts mit rund 300 Beschäftigten und einem gesetz Verwaltungsrat eingesetzten Ausschüssen für Soziales,Innenansicht der Mensa academica in der Ritterstraße. Gespeist wurde anfangs an langen Tafeln, die ab 1925 durch kleinere Tischefür sechs Personen ersetzt wurden. Für zusätzliches Ambiente sorgten dann auch weiße Tischtücher, Blumen und Suppenteller statt einfacher Schüsseln.lichen Versorgungsauftrag, doch im Kern besteht diefür Kultur und für das Semesterticket sind StudierendeFür besonders bedürftige Studierende boten spenden-Aufgabe auch heute darin, den Studierenden eine so-der verschiedenen vom Studentenwerk betreuten Hoch-finanzierte »Freitische« kostenfreie Essensversorgung.ziale Infrastruktur bereitzustellen, die ein erfolgreichesschulen mindestens paritätisch vertreten.Studium unabhängig von sozialer Herkunft und Einkom-Heute ist die Versorgung der Studierenden mit preis-men ermöglicht und Chancengerechtigkeit gewährleistet.Ein warmes Essen pro Tagwertem und gesundem Essen in Hochschulnähe wei-SolidarprinzipDie Ernährungslage war in den Jahren nach dem 1. Welt-Speiseplan hat sich den Bedürfnissen der heutigen Stu-krieg schlecht. Der Schwerpunkt aller Bestrebungendierenden angepasst und ermöglicht eine zeitgemäßeErnährung, die auch Rücksicht auf Allergien und Unver-terhin eine der Kernaufgaben des Studentenwerkes. DerBereits vor 100 Jahren wurden die Leistungen des Wirt-lag darin, Studierenden mindestens ein warmes, preis-schaftsselbsthilfevereins solidarisch finanziert, jeder leis-wertes Essen pro Tag anzubieten. Herzstück des Wirt-träglichkeiten nimmt. Ging es vor 100 Jahren um die Lin-tete einen Beitrag, um besonders Hilfsbedürftige zu un-schaftsselbsthilfevereins war die »Mensa academica«. derung von Not und Hunger, haben die modernen Men-terstützen. Auch heute leisten alle Studierenden einenDie M ensapreise wurden subventioniert, sie wurden aussen und Cafeterien heute weitaus mehr Funktionen: SieStudierendenbeiträgen, aber auch von der Universität,sind Aufenthaltsräume, Treffpunkte und Orte des Aus-durch private Spenden und von staatlicher Seite gestützt.tauschs für alle Studierenden.wesentlichen Finanzierungsbeitrag und von den Unterstützungsangeboten profitieren diejenigen Studierenden besonders, die in hohem Maß auf sie angewiesen8Paritätische Mitbestimmungvon StudierendenStudierende in der 20er Jahren: Otto Suhr (ganz rechts), später B erlinsRegierender Bürgermeister (1955 – 57), und seine Frau Susanne (2. v. r.)– hier gemeinsam mit Freunden – studierten in Leipzig zu der Zeit, alsder Wirtschaftsselbsthilfeverein gegründet wurde.9
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEEin Dach über dem KopfDie Versorgung der Leipziger Studierenden mit bezahlbarem Wohnraum war 1920 eine der wichtigsten Aufgaben. Das studentische Wohnungsamt vermittelte zunächst Zimmer in Privatwohnungen. Mit der Bereitstellungeines Flügels im Internat des Connewitzer Lehrerseminars wurden die einfachsten Bedürfnisse einer günstigen Unterkunft erfüllt. Damit war der erste Schritt inRichtung eines Studentenwohnheimes getan. Aber erst1931 konnte der erste Neubau eines Studentenhausesmit Gemeinschafts- und Arbeitsräumen inklusive Verpflegungsangebot eröffnet werden.Heute bildet das Studentische Wohnen eine zentrale Säuledes Studentenwerkes Leipzig. In 15 Studentenwohnheimen können rund 5.300 Studierende modern, preiswertWo sich heute die Büros der Studentenwerks-Mitarbeiter:innen befinden, wohnten und lernten einst Studierende im Wohnheim »Jenny Marx«, das zwischen 1963 und 1965 errichtet wurde und über 347 Plätze, zumeist in Doppelzimmern, verfügte.und hochschulnah wohnen. Ob Wohngemeinschaftenoder Einzelapartments mit eigenen Küchen und Bädernergänzt um Angebote wie Gemeinschafts-, Fitness- undAbendessen in der Mensa oder konnten auf VermittlungProbenräume – für den Unterhalt sind große finanziellean Mahlzeiten bei Leipziger Familien teilnehmen. Außer-Anstrengungen notwendig, die nicht nur über die Mietedem unterstützte eine Darlehenskasse Studierende in Not.der Studierenden bewältigt werden können, wenn diese sozial verträglich sein soll.Studieren gelingt nicht ohne GeldDas Studentenwerk Leipzig ist seit seiner Wiedergründung im Jahr 1991 dafür zuständig, das BAföG an die Leipziger Studierenden auszureichen. Über das Amt für Ausbildungsförderung erhalten aktuell rund 6.600 LeipzigerEin Studium war in den 1920er Jahren ohne gutsituier-10Studierende eine Studienfinanzierung nach dem BAföG.te Eltern nur schwer möglich. Die LebenshaltungskostenIn der Sozialberatung des Studentenwerkes finden Stu-stiegen außerdem rasant. Ähnlich einer finanziellen Un-dierende auch mit finanziellen Problemen Hilfe. Studie-terstützung wirkten da Mahlzeiten an Familien- oder Frei-rende, die unverschuldet in eine Notlage geraten sind,tischen: Finanziert von Kommunen oder Bürgern, erhiel-können auch heute noch durch die Vergabe zinsloserten bedürftige Studierende ein kostenloses Mittag- oderDarlehen unterstützt werden.Einfaches, aber behagliches Doppelzimmer, 1926. Um Wohnraum fürStudierende zu schaffen, mussten alleMöglichkeiten ausgeschöpft werden.Im Internat des Connewitzer Lehrer- seminars in der Elisenstraße 150konnte ein Flügel zum »Wohnheim« für 3 0 – 40 Studierende »umgenutzt«werden. Die Miete: 50 Mark monatlich – ohne Frühkaffee, aber mit Licht. Erst 1931 wurde der erste Neubau eines Leipziger Studentenwohnheimseröffnet (»Erich-Bethe-Haus«).
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEKaffeehausmusiker, Tortenkellner,Zigarettenverkäuferscher-Büro« (AKÜDO), das angehenden Akademikernmit Sprachkenntnissen perfekt organisiert ermöglichte,etwas zu verdienen.Aufgrund der finanziellen Not nach dem ersten Welt-Seit Beginn war die Vermittlung vonStudentenjobs fester Bestandteil desWirtschaftsselbsthilfevereins. Ab Mitte der 60er Jahre mussten Studierende im R ahmen des FDJ-»Studentensommer«-Programms die arbeitstätige Bevölkerung unterstützen – wie hierbei Küchen arbeiten 1971 in der Mensa»Ernst-Beyer-Haus«.krieg waren viele Studierende darauf angewiesen zu ar-Bereits seit 1991 verfügt das wiedergegründete Stu-beiten. Die Vermittlung von Studentenjobs übernahmdentenwerk Leipzig über eine Jobvermittlung für Studie-das dem Wirtschaftsselbsthilfeverein angegliederterende. Heute werden über ein Onlineportal neben JobsArbeitsvermittlungsamt. Typisch waren Tätigkeiten alsin der Gastronomie, im Einzelhandel und Aushilfstätig-Tortenkellner, Zigarettenverkäufer, Kaffeehausmusiker,keiten in anderen Bereichen auch Jobs mit inhaltlichemFahrstuhlführer und Plakatträger zur Messe, aber auchBezug zum Studium vermittelt. Der Bedarf ist weiterhin»normale« Büro- und Bankjobs. Eine Leipziger Besonder-hoch – 60 Prozent der sächsischen Studierenden sindheit war das »Akademische Übersetzungs- und Dolmet-heute neben dem Studium erwerbstätig.»Durch Vermittlung des SächsischenRoten Kreuzes ist uns wieder ein größerer Posten Zigaretten zur Verteilung an die Kommilitonen überlassen worden. Die Zigaretten könnenim Hörsaal 7 täglich von 9 –11 Uhrgegen Vorzeigen der Studentenkarteabgeholt werden.« Auch dies warzu Gründungszeiten eine Aufgabedes Wirtschaftsselbsthilfevereins –wenngleich eine seltene.13
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEGesundheitsförderungHeute ist die medizinische Versorgung der Studierenden Aufgabe des staatlichen Gesundheitssystems. BeiDen Mangelerscheinungen und Krankheitsbildern derder gesundheitlichen Förderung Studierender stehen im20er Jahre angepasst, lag das Augenmerk anfangs vorStudentenwerk Leipzig heute, neben der ausgewogenenallem auf der Bekämpfung von Tuberkulose und Unter-Ernährung in den Mensen und Cafeterien, Beratungs-ernährung. Es gab eigene Ärzte für Studierende, Kurenangebote im Vordergrund. In der Sozialberatung gibt eswurden verordnet, spezielle Mittagstische für Kranke undHilfe bei persönlichen, familiären oder finanziellen Pro-Unterernährte, Liege- und Ruheräume für erschöpfte Stu-blemen. Die Psychosoziale Beratung wiederum ist Anlauf-dierende wurden angeboten.stelle bei Studienschwierigkeiten, psychischen Belastungen und in persönlichen Konfliktsituationen.Eine eingeschworene Gemeinschaft: DieMensa-Helferschaft bestand aus rund 80 ehrenamtlich arbeitenden Studierenden,die den Mensabetrieb am Laufen hielten. Es wurde bedient und abgeräumt, sogarLebensmittel auf dem Land organisiert.Arbeitsbesprechung im Studentenclub. DieClubs waren größtenteils in den Studentenwohnheimen untergebracht; fünf von ihnenbefinden sich auch heute noch in Wohnheimen des Studentenwerkes.Theaterstücke für KartoffelnDie Kulturarbeit des Studentenwerkes Leipzig wird heu-Not macht erfinderisch: Als zu Beginn der 1920er Jahresiert, die sich neben dem Studium in eigenen kulturellente über finanzielle Förderung für Studierende organidie Lebensmittel für den Mensabetrieb knapp waren, zogProjekten ausprobieren und kreativ sein können. Das Stu-die Helferschaft, das waren ehrenamtlich in der Mensadentenwerk Leipzig stellt zudem fünf Studentenclubsarbeitende Studierende, aufs Land hinaus, um Lebens-Räume in Studentenwohnheimen zur Verfügung, da-mittelspenden einzutreiben. Die Studierenden bedanktenmit diese als Orte studentischen Lebens dienen können.sich mit Theateraufführungen und Singspielen – für dargebotene Kunst konnte das Grundbedürfnis nach Nahrung befriedigt werden.14Studierende der Universität Leipzig in Sellin /Ostsee, 1920erJahre. Das dem Wirtschaftsselbsthilfe- verein angegliederteAmt für Gesundheitspflege v ermittelteauch Kuraufenthaltean Studierende. DieGesundheitsversorgungwar ein wesentlicherBaustein der damaligen Fürsorgearbeit, dievor allem den kranken,kriegsgeprägten Studierenden zugute kam.15
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEStudieren mit KindernUnterstützung fürbeeinträchtigte StudierendeIn den 1920er Jahren bis zur Nachkriegszeit hat sichdas Aufgabenfeld, Studierende mit Kind zu unterstüt-In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg existierte nurzen, kaum gestellt.ein kleines Wohnheim für kriegsversehrte Studenten inLeipzig. Menschen mit einer Beeinträchtigung konntenIn der DDR wurde wegen der allgemeinen Förderungim Normalfall nicht studieren.von Geburten auch Augenmerk auf die spezielle Förderung von Studentinnen mit Kind gelegt, für sie wurdenMit der Wiedergründung des Studentenwerkes LeipzigKinderbetreuungsplätze und Unterkünfte in Wohnhei-wurde die Aufgabe, Studierende in besonderen Lebens-men bereitgehalten. Nach der Wiedervereinigung brachlagen zu unterstützen, zum wichtigen Bestandteil der Ar-die Geburtenrate zwar zunächst ein, dennoch gab es inbeit. So wurden barrierefreie Wohnplätze geschaffen. DasLeipzig weiterhin Studierende mit Kind. 1995 eröffneteSachgebiet Soziale Dienste wurde im Jahr 1995 aufge-das Studentenwerk Leipzig deshalb seinen Kinderladenbaut, gleichzeitig startete auch eine eigene Psychologi-auf dem Campus Augustusplatz, der studierenden El-sche Beratung. Seit 2012 wird die Psychosoziale Bera-tern die Möglichkeit bot, an Vorlesungen teilzunehmen.tung für Studierende vom Studentenwerk in KooperationAb 1996 betreibt das Studentenwerk die Kindertages-mit der Universität Leipzig durchgeführt, die Beratungs-286Kinderbetreuungsplätzestätte Villa Unifratz, hier sind auchstelle befindet sich seit 2014 zusammen mit der Sozial-Wohnplätze für Studierende un-beratung im neu eröffneten Center für Social Services.tergebracht, deren Anzahl in denBereits seit 1996 ist die Sozialberatung Anlaufstelle fürFolgejahren weiter erhöht wird.internationale Studierende, Studierende mit Beeinträchti-Daneben stellt das Studenten-gung und für Studierende mit Kind. Im Fall von Studieren-werk Studierenden heute zweiden mit einer Beeinträchtigung bedeutet Unterstützungweitere Kindertagesstätten zurnicht nur Beratung, sondern auch Begleitung im AlltagVerfügung, die durch einen Kooperationspartner betrie-und die ständige Verbesserung des barrierefreien Zu-ben werden. Ein besonderer Begegnungsort für studieren-gangs zu den Angeboten des Studentenwerkes Leipzig.de Eltern ist seit 2019 das Studentische Familienzentrum.Sozialberatung speziell für studierende Eltern, finanzielle Hilfen und kostenloses Mensaessen für Kinder vonStudierenden bis 12 Jahre runden das Angebot ab.Bereits zu DDR-Zeiten normal:Studierende Eltern bewohnten mit ihrenKindern ein Zimmer im Studentenwohnheim.16
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEInternationale Studierende in den 7 0erJahren in Leipzig. Bereits in den 1920erJahren besuchten internationale Studierende die Universität Leipzig, heute liegt der Anteil internationaler Studierender an den Leipziger Hochschulenbei 12 Prozent.Studierende aus aller Weltzu Gast in LeipzigVom Strümpfe stopfen zumSemesterticketBereits in den zwanziger Jahren kamen ausländische Stu-Heute ermöglicht es das Studentenwerk, defekte Reifen indierende zum Studium nach Deutschland. Da das Studiumeiner Radselbsthilfewerkstatt zu flicken, in den Anfangs-generell zu bezahlen war, ist davon auszugehen, dass die-jahren der Wirtschaftsselbsthilfe gab es eine Flickstubese Studierenden eher wohlhabend waren. Die Wichtigkeitfür Kleidung. Diese und andere Angebote wie Frisierstu-des Ausländerstudiums für den internationalen Ruf derben, Wanderamt, Kleider- oder Bettwäscheverleihamt ge-deutschen Universität und des Deutschen Reiches ins-hören der Vergangenheit an. Die preiswerte Mobilität fürgesamt führte seit 1927 auch an der Universität LeipzigStudierende ist auch heute noch wichtig. Bereits in denzur Gründung einer selbstständigen »akademischen Aus-20er Jahren konnten Studierende auf Antrag beim Ver-landsstelle« zur Beratung und Förderung ausländischergünstigungsamt des Wirtschaftshilfevereins verbilligteStudierender. Das Leipziger Übersetzungs- und Dolmet-Wochenkarten für die Leipziger Straßenbahn erhalten.scherbüro für Studierende (AKÜDO) war in dieser Zeit eine wichtige Adresse, um mit deutschen und internatio-Das Studentenwerk heute unterstützt die Leipziger Stu-nalen Studierenden in Kontakt zu kommen.dierenden seit 25 Jahren in ihrer Mobilität – im Auftrag derHeute liegt der Anteil internationaler Studierender anziger Verkehrsbetriebe, später des Mitteldeutschen Ver-Studierendenschaft ist es erst Vertragspartner der Leipden Leipziger Hochschulen bei rund 12, in den Studen-12 %internationaleStudierendekehrsverbundes (MDV), und sorgt für die Bereitstellungtenwohnheimen aber bei fast 37des Semestertickets. Seit 1996 existiert das Semester-Prozent – was die Bedeutung derticket in verschiedenen Nutzungsmodellen und ermög-Unterbringungsangebote des Stu-licht den Studierenden aller Leipziger Hochschulen heu-dentenwerkes Leipzig für diesete, sämtliche Verkehrsmittel in Leipzig und im gesamtenStudierendengruppe aufzeigt.MDV-Gebiet zu nutzen. Aus dem vom StudentenwerkÜber 80 Nationalitäten sind inverwalteten Mobilitätsfonds werden zudem drei Fahr-den Wohnheimen vertreten. Das Studentenwerk bietetradselbsthilfewerkstätten unterstützt.Info- und Freizeitveranstaltungen in den Wohnheimenan, hält aber auch Beratungsangebote bereit, die ein erfolgreiches Studium unterstützen.19
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEVielfältige Quellen der Finanzierungdes Studentenwerkesse zur Erhaltung und Modernisierung dieser Infrastruk-Ursprünglich war die Inanspruchnahme von Unterstüt-Jahren vor allem die Studentenwohnheime des Studen-tur. So wurden nach der Wiedergründung vor 30 Jahrenmit Hilfe staatlicher Zuschussprogramme in den 90erzungsleistungen der Wirtschaftsselbsthilfe an die Zah-tenwerkes Leipzig und ab dem Jahr 2000 schrittwei-lung eines Vereinsbeitrages gekoppelt. Später wurdese auch die Mensen und Cafeterien grundhaft saniertaus dem Semesterbeitrag, den die Studierenden an diebzw. neu gebaut. Auch aktuell fließen jährliche Investi-Hochschule entrichteten, ein kleiner Anteil für die Finan-tionszuschüsse des Freistaates Sachsen in die Moder-zierung der Wirtschaftsselbsthilfe genutzt. Darüber hi-nisierung von Mensen, Cafeterien und seit 2019 auchnaus brachten viele Studierende ihre eigene Arbeitsleis-wieder in die Sanierung von Studentenwohnheimen.tung ein. Die Universität stellte kostenlos Räumlichkeiten25 Jahre nach der Kernsanierung der Studentenwohnhei-zur Verfügung, das sächsische Volksbildungsministeriumme steht aktuell wieder ein erhöhter Modernisierungsbe-unterstützte finanziell und auch die Stadt Leipzig leiste-darf bei den haustechnischen Anlagen an. Die staatlichente einen Finanzierungsbeitrag. Hinzu kamen insbeson-Investitionszuschüsse sind dabei eine wesentliche Vor-dere in den Anfangsjahren großzügige Sach- und Geld-aussetzung zur Erhaltung von sozial verträglichen Miet-spenden aus der Stadtbevölkerung und aus aller Welt.preisen in den Studentenwohnheimen.Heute finanziert sich das Studentenwerk Leipzig im Wesentlichen aus den Umsätzen in den Studentenwohnheimen sowie Mensen und Cafeterien (rund 66 Prozent), ausden Semesterbeiträgen der Studierenden (rund 17 Prozent), aus dem Kostenersatz des Freistaates Sachsen fürdas Amt für Ausbildungsförderung (rund 6 Prozent) sowie aus den Zuweisungen des Freistaates Sachsen zum66 %Umsätzein Mensen &Cafeterienlaufenden Betrieb der Verpflegungseinrichtungen und der Sozialen Dienste (rund 11 Prozent).Hinzu kommen die Gebäude undEinrichtungen, die der FreistaatSachsen dem StudentenwerkLeipzig für die Bereitstellung der sozialen Infrastruktur überlässt sowie die staatlichen Investitionszuschüs-20Quittung über den bezahlten Mitgliedsbeitrag in Höhe von 5 Reichsmark an dieWirtschaftsselbsthilfe im Jahr 1935.Das Wohnheim Philipp-RosenthalStraße; es befindet sich in unmittelbarerNähe zu den Fakultäten für Physikund Chemie sowie zum Medizincampus.Im Erdgeschoss wurde 2020 dieMensaria am Botanischen Garten nacheiner umfassenden Sanierung wiedereröffnet.
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEDie Mensa am Medizincampus wurde2019 nach umfassender Sanierungwiedereröffnet; sie befindet sich aufdem Medizincampus in einem multifunktionalen Lern- und Kompetenzzentrum, das neben der Mensa auchdie Bibliothek Medizin / Naturwissenschaften sowie die LernKlinik derMedizinischen Fakultät der UniversitätLeipzig beherbergt.Studierende organisierten MensabetriebIn den 1920er Jahren war die Mensa academica das Herzstück des Wirtschaftsselbsthilfevereins. Besonders herauszuheben ist das große Engagement von Studierenden, die für einen reibungslosen Mensabetrieb sorgten.Zu Beginn waren es 80, später rund 100 Studierende, dieals so genannte »Helferschaft« die Mensa am Laufen hielten – sie bedienten, räumten ab, organisierten den Ablauf und beschafften Lebensmittel. Auch die Arbeit in deneinzelnen Ämtern des Vereins wurde von Studierendengeleistet. Mit ihrem ehrenamtlichen Engagement trugendie Studierenden wesentlich zur Erfolgsgeschichte desWirtschaftsselbsthilfevereins bei.Fleißige Helferinnen bei einer Veranstaltung in der Mensa, fotografiert von Kurt Mothes, einemStudierenden, der die e hrenamtlich arbeitendeMensa-Helferschaft aufbaute und leitete (s. S. 28).Heute ist das Studentenwerk Leipzig als Anstalt öffentlichen Rechts ein nach kaufmännischen Regeln arbeitendes Wirtschaftsunternehmen mitsozialem Auftrag, in dem über 300fest angestellte Mitarbeiter:innentätig sind; diese werden nur noch300Beschäftigtezu einem kleinen Teil von studentischen Aushilfen unterstützt. Ehrenamtliche Mitarbeitvon Studierenden gibt es aber auch heute: Studierendeengagieren sich im Verwaltungsrat des Studentenwerkes Leipzig und in den von ihm eingesetzten Ausschüssen, als Wohnheimsprecher:innen, als Tutor:innen oderals Buddys für internationale Studierende.Studierende unterstützen uns auch heute noch:Während ein kleiner Teil als studentische Aushilfein den Mensen mitarbeitet, engagieren sich andereStudierende ehrenamtlich im Kultur-, Sozial- oderSemesterticketausschuss.23
DAMALS & HEUTEDAMALS & HEUTEEhemaliges Studentenwohnheim »JennyMarx« in der Goethestraße 6. Seit 1995ist das Gebäude der Verwaltungssitzdes Studentenwerkes Leipzig und derUniversität Leipzig.Zusammenarbeit mit den HochschulenIn der DDR hatte sich jede Hochschule selbst um diesoziale Unterstützung ihrer Studierenden zu kümmern.Die Ursprünge des heutigen Studentenwerkes Leipzigliegen an der Universität Leipzig, die Fürsorgearbeit wur-Erst nach der Wende vor 30 Jahren – am 1. Juli 1991 –de getragen von Mitgliedern der Universität, von Studie-wird das Studentenwerk Leipzig als hochschulübergrei-renden und Professoren. Mit der Gründung des Wirt-fende Institution wiedergegründet. Zum Stichtag 1. Julischaftsselbsthilfevereins im September 1921 wurde derwurden alle entsprechenden Sozial- und Wirtschaftsein-Vorläufer des heutigen Studentenwerkes als eigenstän-richtungen der Hochschulen (7 Mensen, 28 Cafeterien, 56dige Institution geschaffen; dieser blieb mit der Fürsorge-Wohnheime und Wohnungen) mit rund 500 Beschäftig-arbeit der Universität eng verbunden. Die Universitätten aus den Hochschulen herausgelöst und ins wieder-stellte verschiedene Räumlichkeiten für die sozialen Un-gegründete Studentenwerk überführt. Das Studenten-terstützungsleistungen des Vereins zur Verfügung. Auchwerk Leipzig nahm seine selbstständige wirtschaftlichedie zentrale Anlaufstelle des WirtschaftsselbsthilfevereinsTätigkeit als Anstalt öffentlichen Rechts unter Rechts-mit all seinen Unterabteilungen war in einem Gebäude-aufsicht und im BAföG-Amt auch unter Fachaufsicht deskomplex der Universität angesiedelt. Über mehrere Jah-Freistaates Sachsen wieder auf. Die Zahl der zu betreu-re wurde von der Universität der Bau eines neuen Stu-enden Studierenden betrug 18.859.dentenwohnheims energisch vorangetrieben, das 1931eröffnete und dessen Betrieb in die Hände des Wirt-Heute betreut das Studentenwerk Leipzig mit rund 300schaftsselbsthilfevereins gegeben wurde.Beschäftigten die rund 39.000 Studierenden von achtLeipziger Hochschulen.Ab dem Sommersemester 1926 stieß die Handelshochschule Leipzig (HHL) dazu. Der Wirtschaftsselbsthilfe-Mit den Leipziger Hochschulen und Studierendenver-verein fungierte nun als Wirtschaftskörper beider Stu-tretungen arbeitet das Studentenwerk Leipzig partner-dierendenschaften. Im Vorstand wie im Verwaltungs-schaftlich und auf Augenhöhe zusammen. Vertreter:in-ausschuss saß je ein HHL-Vertreter. Die Handelshoch-nen dieser Hochschulen werden als Mitglieder in denschüler konnten sich ehrenamtlich in den Selbsthilfe-Verwaltungsrat und die Ausschüsse des Studentenwer-einrichtungen engagieren. Finanziell beteiligte sich diekes Leipzig entsandt, um eine bedarfsgerechte Versor-HHL im Verhältnis zur Nutzung der Vereinsleistungengung abzusichern.durch ihre Studierendenschaft, die ebenfalls Mitgliedsbeiträge an die Wirtschaftsselbsthilfe zahlte.Die heutige Leistungspalette des Studentenwerkes Leipzig stellt mit einem vielfältigen Angebot die Erfüllung des24Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde das Studenten-sozialen Versorgungs- und Förderungsauftrages gemäßwerk auf Befehl des Militärkommandanten von Leipzig in dieSächsischem Hochschulfreiheitsgesetz für die Leipzigertreuhänderische Betreuung der Universität übergeleitet.Studierenden sicher – »Damit Studieren in Leipzig gelingt«.
DAMALS & HEUTEDas StudentenwerkLeipzig heuteUnsere rund 300 Beschäftigten betreuen 39.000 Studierende an 8 Hochschulen:DAMALS & HEUTEWas wir bieten: Hochschulnahe gesunde und preiswerte Versorgungin 10 Mensen und Cafeterien bezahlbares Wohnen in 15 Studentenwohnheimen Universität Leipzig Studienfinanzierung nach dem BAföG Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Soziale Dienste & Beratung Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« Leipzig Sozialberatung Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig Psychosoziale Beratung HHL Leipzig Graduate School of Management Rechtsberatung Hochschule für Telekommunikation Leipzig s tudentische Nebenjobvermittlung Berufsakademie Sachsen – Staatliche Studienakad
das Hotel »Schwarzes Brett« stand, befindet sich heute das Verwaltungs-gebäude des Studentenwerkes Leipzig . 8 9 DAMALS & HEUTE DAMALS & HEUTE . Für zusätzliches Ambiente sorgten dann auch weiße Tischtücher, Blumen und Suppe